Fall 1

Das Konzept des „Kompetenzzentrum Mikrobiologie und Hygiene“ der St. Franziskus-Stiftung Münster

 

Interdisziplinär und nah am Patienten für mehr Patientensicherheit

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Ein Projekt der St. Franziskus Stiftung Münster

Die St. Franziskus-Stiftung Münster ist eine katholische Krankenhausgruppe in Nordwestdeutschland. Sie wird nach modernen Managementkonzepten geführt und verfolgt gemeinnützige Zwecke. In ihrer Verantwortung stehen 15 Krankenhäuser sowie neun Behinderten und Senioreneinrichtungen.

 

// Film
„Sicherheit mit Verantwortung” – St. Franziskus-Stiftung Münster
Ein eigenes Kompetenzzentrum für Mikrobiologie und Hygiene – entgegen dem allgemeinen Trend

Bis 2014 wurden in der St. Franziskus-Stiftung Münster Leistungen der Mikrobiologie / Infektiologie und der Krankenhaushygiene von externen Dienstleistern (Laborpraxen) bezogen. Die St. Franziskus-Stiftung Münster geht entgegen dem allgemeinen Trend der Vergabe von infektiologischen Leistungen an externe Institute einen neuen Weg und hat sich im Jahr 2013 dazu entschieden, das eigene Kompetenzzentrum für Mikrobiologie und Hygiene am Standort St. Franziskus-Hospital Münster aufzubauen und eigene Kompetenzen in den Bereichen Mikrobiologie, Infektiologie und Krankenhaushygiene im Konzern zu etablieren.

 

Die Entscheidung für ein solches Vorhaben hatte verschiedene Gründe. Die Vorteile der Zentralisierung mit Outsourcing dieses Leistungsbereiches standen einem Abhängigkeitsverhältnis von externen Dienstleistern mit allen bekannten Nachteilen eines Outsourcings gegenüber. Insbesondere war die für den klinischen Alltag überaus wichtige infektiologische Beratungen durch Mikrobiologen nur eingeschränkt verfügbar, sodass Kliniker häufig gezwungen waren infektiologische Fragestellungen alleine entscheiden zu müssen. Zudem war die Untersuchungszeit von infektiologisch relevanten Proben oftmals zu lang, was zu Lasten der Patientensicherheit ging.

 

Eine deutliche Verbesserung der Patientensicherheit

Die Gründung des „Kompetenzzentrums Mikrobiologie und Hygiene“ und das damit verbundene Gesamtkonzept haben zu einer deutlichen Verbesserung der Patientenversorgung bei Infektionskrankheiten in den Krankenhäusern der St. Franziskus-Stiftung geführt. Die Arbeit des Kompetenzzentrums ermöglicht es, durch schnellere mikrobiologische Diagnostik, aktive Beratung durch interdisziplinäre infektiologische Visiten und Auskünfte zu Diagnostik und Therapie in der Infektiologie durch Experten sowie durch Beratungen in allen Fragen der Krankenhaushygiene, Patienten adäquater und schneller zu behandeln.

 

Durch die Arbeit des „Kompetenzzentrums Mikrobiologie und Hygiene“ ist es möglich, Fehler und schwerste vermeidbare unerwünschte Ereignisse (vuE) sowie Todesfälle zu vermeiden. Dieses ist deshalb möglich, weil durch schnellere Diagnostik früher wichtige Ergebnisse vorliegen, die zu richtigen gezielten Therapien z.B. bei lebensbedrohlichen Blutstrominfektionen führen. Hohe Interdisziplinarität nah am Patienten zeigt hier unmittelbare Wirksamkeit.

 

Innovation und Kommunikation

Das Konzept zur Versorgung von Patienten im Bereich der Infektiologie und Hygiene durch eine interne Abteilung ist in Bezug auf die Ausgestaltung und den Umfang neu und innovativ.

Universitätskliniken haben in den einzelnen Instituten immer jeweils Teile des beschriebenen Konzeptes realisiert. Die Tätigkeitsschwerpunkte Mikrobiologie, Infektiologie und Krankenhaushygiene sind im Kompetenzzentrum in einer Abteilung konzentriert. Die Abteilung arbeitet für alle Krankenhäuser (insgesamt 15) der St. Franziskus-Stiftung. Die Etablierung einzelner besonderer Tools wie z.B. die Interaktionschecks beim Einsatz von Antibiotika mit anderen Medikamenten und besonders die Messung der Konzentration bestimmter Antiinfektiva aus dem Serum zur besseren Therapiesteuerung sind nur in wenigen Einrichtungen in Deutschland eingeführt.

 

Als zentrales Kommunikationssystem für die schnelle Erfassung und zeitnahe Präsentation der mikrobiologischen Befunde dient eine Spezialsoftware, LAURIS. Damit können alle angeschlossenen Einrichtungen ihre Anforderungen beleglos an das mikrobiologische Labor übermitteln und die erstellten Befunde einsehen. Zur Erfassung der mikrobiologischen Laboraufträge stehen jeder Einrichtung zentrale elektronische Laborformulare zur Verfügung und darüber hinaus hausspezifische Anforderungsprofile entsprechend einrichtungsspezifischer Vorgaben, z. B. für Screening-Untersuchungen. Sobald ein Laborauftrag erzeugt ist, werden zur eindeutigen Identifikation der Untersuchungsmaterialien Probenetiketten erstellt, die neben den Patientendaten auch das Material und die Entnahmestelle ausweisen.

Somit ist sichergestellt, dass zu jedem Untersuchungsmaterial, das im Labor eintrifft, ein Laborauftrag mit allen relevanten Informationen in der Labordatenbank vorliegt. Zur sicheren Zuordnung der Aufträge vergibt LAURIS eine eindeutige Labornummer, welche über die Patientenfallnummer fest mit dem Patienten verknüpft ist. Durch den Entfall der handgeschriebenen Laboranforderungsscheine und Probenetiketten konnte ein weiterer Beitrag zur Patientensicherheit geleistet werden. Alle Untersuchungsschritte, die das Untersuchungsmaterial im Labor durchläuft, werden in der Labordatenbank lückenlos dokumentiert, der Benutzer kann den jeweils aktuellen Status der Laboruntersuchung einsehen.

 

Umsetzung und Implementierung

Das Konzept des „Kompetenzzentrums Mikrobiologie und Hygiene“ ist am St. Franziskus-Hospital Münster bereits von Anfang an vollständig etabliert. Alle beschriebenen Bestandteile sind realisiert und werden in der Routine „gelebt“. An den anderen 14 Krankenhäusern der regional besonders in NRW vertretenen St. Franziskus-Stiftung sind schrittweise die wesentlichen Anteile des Konzeptes realisiert und nachhaltig verstetigt.

Durch die Gründung des „Kompetenzzentrums Mikrobiologie und Hygiene“ und weiterer flankierender Maßnahmen wie der Schaffung des Referates Hygiene, konnte die Infektiologie und Hygiene sowohl personell gut erweitert werden, sowie bei Bedarf auch innerhalb der Stiftung zum Teil ausgebildet werden. Im Verlauf der letzten zwei Jahre wurden zudem die regelmäßigen infektiologischen und interdisziplinären Visiten fester klinischer Bestandteil der Kliniken der Franziskus-Stiftung.

Die zusätzlichen telemedizinischen Visiten stehen täglich zur Verfügung. Im Rahmen von regelmäßigen Arbeitskreisen werden stiftungsweit gültige Empfehlungen erarbeitet.

 

Evaluation

Der Erfolg des Konzeptes wird an der Erreichung folgender Ziele gemessen, die je einzeln und insbesondere in der Summe für eine signifikante Erhöhung der Patientensicherheit stehen:

 

  • schnelle, sichere und spezifische mikrobiologische Diagnostik
  • hohe Beratungskompetenz vor Ort und am Patienten, 24/7
  • kurze Untersuchungsdauer bei Infektionskrankheiten
  • durchgängig leitliniengerechte, standardisierte kalkulierte Therapie mit Antiinfektiva
  • Senkung des Einsatzes von Antibiotika, die eine hohe Resistenzentwicklung triggern
  • Validierung durch Punktprävalenzerhebungen
  • Vermeidung der Keimübertagung bei Ausbruchssituationen
  • Etablierung einer konzernweiten Struktur für Krankenhaushygiene
  • Einsatz eines elektronischen Kommunikationssystems für alle Einrichtungen

 

Eine wissenschaftliche Evidenz des etablierten Konzeptes liegt für viele Teile vor; dieses ist durch wissenschaftliche Publikationen hinreichend dargestellt worden.

So führt eine schnelle „Inhouse“-Mikrobiologie zu schnelleren Ergebnissen und damit zu einer früheren gezielte Therapie. Der Einsatz von Antibiotic Stewardship (ABS) in den Krankenhäusern der St. Franziskus-Stiftung führt nachweislich zu einer standardisierten Therapie. Durch die Steuerung des Antibiotikaverbrauchs wurden weniger erwünschte Antibiotika mit besonderen Nebenwirkungen signifikant reduziert (z.B. Ceftriaxon, Ciprofloxacin). Als Resultat dieser Anwendungssteuerung konnten z.B. die nosokomialen CDAD Fälle von 2013–2016 vermindert werden. Zugleich wird damit ein Beitrag zur Vorbeugung von Resistenzentwicklungen geleistet. Durch die stets präsente Krankenhaushygiene wird bei kritischen Ereignissen, wie zum Beispiel bei Ausbruchsgeschehen mit multiresistenten Erregern die Patientengefährdung (Keimübertragung) reduziert.

Präventive Krankenhaushygiene z.B. durch die Betreuung von Baumaßnahmen hilft Hygienefehler zu vermeiden, die in der Folge zu Patientengefährdungen führen könnten. Insgesamt wird die Patientensicherheit in den Krankenhäusern der St. Franziskus-Stiftung durch die Tätigkeit des Kompetenzzentrums deutlich verbessert. Die Evaluation der Maßnahmen erfolgt regelmäßig.

 

Das Projekt ist mit dem Deutschen Preis der Patientensicherheit 2018 ausgezeichnet.

 

Ergänzende Unterlagen zum Projekt

Komplette Projektbeschreibung

im Rahmen der Bewerbung für den Deutschen Preis der Patientensicherheit

 

 

 

Folienvortrag

„ Das Konzept „Kompetenzzentrum Mikrobiologie und Hygiene“

von Dr. med. Dr. rer. nat. Wolfgang Treder, Chefarzt des Kompetenzzentrums für Mikrobiologie und Hygiene

 

// Film
„Mehr Sicherheit im Krankenhaus” – St. Franziskus-Stiftung Münster
 
Weitere Informationen

// Kontakt

St. Franziskus-Stiftung Münster
St. Mauritz-Freiheit 46

48145 Münster

 

// Ansprechpartner

Dr. med. Dr. rer. nat. Wolfgang Treder, Chefarzt des Kompetenzzentrums für Mikrobiologie und Hygiene

 

// Web